Dienstag, 24. Januar 2012

womit alles begann

Es begann alles damit, dass Mrs. Klappauf, nicht weniger behäbig in ihrem Gebaren als die Magd Rupp-Rechta, aber doch sehr viel wendiger, was ihren Verstand betraf *) in einem klatschmohnroten Kleid bei besagtem Leichenschmaus erschien. Beim Anblick von Mrs. Klappaufs klatschmohnrotem Kleide entfuhr allen, die zu diesem denkwürdigen Ereignis, zu Ehren des Verstorbenen, Geladenen, ein Ausruf des Entsetzens. – ‚Wie konnte sie nur!‘
Doch Mrs. Klappauf hatte ihre Garderobe mit Bedacht gewählt und dabei nichts dem Zufall überlassen! Rein gar nichts! Selbst ihre Hochsteckfrisur wurde in stundenlanger Kleinarbeit vom Starfriseur aufs Feinste vorgewalzt und lockend aufgedreht. Ihre zierlichen Füße steckten in eleganten und dennoch bequemen Pumps, passend zum Kleid. Ihr Dekolleté zierte eine Kette mit einem übergroßen Anhänger aus purem Gold, besetzt mit großen funkelnden Steinen. Ihren Umhang aus eisengrauem Popeline hatte sie bereits dem Bediensteten am Eingang übergeben. Ihr Versace-Umhang besaß tiefe, verdeckt gearbeitete Taschen, in denen man so allerhand unversehens verschwinden lassen konnte. Nur kurz registrierte sie das Aufsehen, welches sie erregte und widmete sich dann ganz dem ausgesprochen exzellenten Büffet, welches die Magd Rupp-Rechta ausgerichtet hatte. Sie legte die leckeren Häppchen geschwinde und mit großer Sorgfalt auf ihren Teller. Als sie sich nach einem geeigneten Platze umsah, an dem sie ihre köstliche Beute in Ruhe genießen konnte, stellte sich ihr einer der Bediensteten in den Weg. Räuspernd sprach er sie an: „Mrs. Klappauf!” Sie hob kurz die Augenbrauen und deutete mit ihrem gestreng freundlichen Blick an, dass die Unterredung für sie hiermit beendet war. Im selben Moment entdeckte sie Kloppi Klaus in einer Ecke des Raumes und ging raschen Schrittes auf ihn zu, den Bediensteten brüsk zurücklassend. –
„Klapp it auf!“ säuselte er näselnd, sein Körnermüsli auf den Tisch stellend. „Ach nee, wie immer elejant Mrs. Klappoof!“ stellte er mit musterndem Blick fest und erhob sich dabei von seinem Platze, um ihr den Stuhl zu recht zu rücken. „Se glooben nich, wat dette mir für ne Freude is, Sie hier zu sehn!“ – Das war natürlich gelogen. Sie hatte längst ein Alter erreicht, in dem Frauen das ihre hinter den Buchstaben des Alphabetes verbergen. Und jeder der hier Anwesenden wusste, dass Kloppi Klaus sich nichts aus Frauen machte, die die Altersgrenze von 30 überschritten hatten. Es eilte ihm der Ruf voraus, dass er bisher noch jede seiner Freundinnen, die die 25 überschritten hatte, ausgemustert und gegen ein neues Exemplar jüngeren Datums ausgetauscht hatte. Sie machte sich nichts vor. Jedes Wort, das sie nun aus Kloppi Klausens Munde hören würde, konnte sie, sobald es ihr eines Ohr erreicht hatte, getrost durch das andere wieder entlassen. - Doch weit gefehlt! Kloppi Klaus beendete sofort seine schmalzigen Schmeicheleien.
Es war ihm vor einigen Wochen ein Gerücht zugetragen worden, welches Mrs. Klappauf höchst persönlich betraf und er hatte es ebenso höchstpersönlich überprüfen lassen. Es war mehr dran, als man es gemeinhin von Gerüchten in Staple Store erwarten konnte. Nun wollte er geschickt auf die Gerüchte zu sprechen kommen, um dann die Falle zuschnappen zu lassen. Doch Mrs. Klappauf war alles andere als von vorgestern. Wie bereits erwähnt, war sie zwar eine behäbige Person, doch durchaus von sehr wendigem Verstande. Und schon so manchen hatte sie mit demselben nicht nur zu fesseln gewusst, sondern auch zu Fall gebracht. Doch Kloppi Klaus, der Name deutet es schon an, war nicht ganz so mit Schläue gesegnet, wenngleich mit Gerissenheit. Darauf hielt er sich allerdings viel zu Gute, vielleicht zu viel! Hier war kein leichtes Feld zu erobern, das wusste er schon. Nicht umsonst hielt er sich von Frauen über 30 fern! Doch das, was er aus dem Gerücht herauszuschlagen suchte, war ebenso verlockend wie gefährlich und er liebte diese Mischung aus Gefahr, Abenteuer und der Aussicht auf reichen Gewinn. Die Beute musste gut gepackt werden! Jetzt erbot sich eine erste Gelegenheit, die er nicht ungenützt verstreichen lassen wollte. Doch Mrs. Klappauf schwärmte fröhlich plaudernd von den Köstlichkeiten, die sie sich mit sichtlichem Behagen schmecken ließ. Sie plapperte und schmatzte in einem fort, während sie an der Häkeldecke, die den Tisch zierte, herum zupfte. Allmählich wurde Kloppi Klaus von Zorn ergriffen. In ihm begann es gefährlich zu brodeln. ‚Hatte sie denn gar keine Manieren? Musste sie so dämlich daher schwätzen und dazu noch schmatzen und verdammt nochmal, konnte sie nicht mal für fünf Minuten ihre verdammte Klappe halten?‘
Mrs. Klappauf bereitete es sichtliches Vergnügen, ihrem Namen alle Ehre zu machen und damit Kloppi Klaus in Rage zu versetzen. Sie registrierte sehr wohl, dass ihm etwas auf der Seele lag, was seine Zunge ihr nur zu gern serviert hätte, doch sie bot ihm keine Gelegenheit, dies zu tun. Schließlich stand sie auf und stapfte mit triumphierendem Blick und leerem Teller davon und ließ Kloppi Klaus unverrichteter Dinge einfach sitzen. Wütend floh er unter den Blicken der Gäste in den Garten, um sein erhitztes Gemüt abzukühlen. Die Nacht war frisch und der Himmel Wolken verhangen. Es war Januar. Feuchte Luft beherrschte den Abend. Rasch schritt Kloppi Klaus in Richtung Gartenpool aus. Das Krokodil, das sonst darin schwamm, war schon längst in sein Winterquartier umgezogen. Hier hätte er gern die blöde Mrs. Klappauf versenkt! Der Gedanke, wie sie hier auf jemanden treffen würde, der ein noch größeres Maul und noch mehr Appetit hätte als sie, ließ ihn vor Vergnügen die Hände reiben und er pfiff ein Liedchen vor sich hin. Seinen Ärger vergessend, lief er weiter. Er schaute zum Himmel als sich plötzlich der Vollmond zwischen die Wolken schob. Kloppi Klaus erschrak zutiefst. Er hatte es vergessen! Verdammt, er hatte es vergessen! Dieser blöde Leichenschmaus für Schuldirektor Leander Overfall. Einmal musste es ja so kommen! Jetzt musste er zusehen, wie er alles noch so in die Wege leiten konnte, damit das Schlimmste verhindert würde! Mist! Mist! Mist, wie hatte er das nur vergessen können!‘ Rasch lief er auf dem Kiesweg ums Haus, um zu den Garagen zu gelangen. Dort war sein Werkzeug, das er jetzt dringend brauchte!
Als er um die Hausecke bog, vernahm er ein Flüstern: „Here you go!“
*)Allerdings war sie mit einer geringerer Oberweite und weitaus zierlicheren Füßen ausgestattet!

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