Donnerstag, 26. Januar 2012

Direkt in die Gnade

Die ersten Gäste hatten bereits das Terrain verlassen. Teils, da das wirklich exzellente Büffet schon ordentlich geplündert war und sie das platte Gerede halbbetrunkener Trauergäste nicht sonderlich gefangen nahm, teils, weil die Umstände sie dazu trieben. Das aufsehenerregende und für eine Trauerfeier völlig unpassende klatschmohnrote Kleid der Mrs. Klappauf, darin waren sich alle einig, war längst anderen Gesprächsthemen gewichen, nachdem Herr Mohrenreiter, der als erfolgreichster Nachfolgekanditat für den verstorbenen Leander Overfall galt, es satt hatte, dass sich immer noch alle Gespräche um diese herrische Mrs. Klappauf drehten und er dies mit einem lauten „Klapp it zu!“ kundtat, was die Gäste kurz verstummen ließ. Dann, unter wieherndem Gelächter, griff er sich eine Auster vom herumgereichten Tablett und versenkte dabei seine Blicke anzüglich ins Dekolleté seiner Kollegin Miss Snydder. In Gedanken legte er sie gerade in ihrem Biologievorbereitungsraum flach, da, wo sie sonst mit den pickligen Teenagern Fische und Frösche sezierte. Schnell, als könne jemand seine Gedanken erraten, riss er sich ein Glas Sekt vom Tablett der soeben vorüber eilenden Mamsell, die daraufhin, ob des Ungleichgewichts das auf dem Tablett in ihrer Hand entstand, selbiges zu Boden stürzen ließ. Ein Teil des Sektes ergoss sich dabei in elegantem Bogen in das Dekolleté der Miss Snydder. Herrje! Herr Mohrenreiter war nun gänzlich aus der Balance, ob der Scham über das Zerschellen eines ganzen Tabletts voller Sektgläser in der Öffentlichkeit, das ausgerechnet durch ihn verursacht worden war und des seine Fantasie beherrschenden Dekolletés der Miss Snydder, das nun zudem mit Sekt gefüllt war. - Hier griff das Leben unmissverständlich und paradox in seiner vollen Gnade ein. Herr Mohrenreiter taumelte und fiel zu Boden. Das Leben hatte nun seinerseits ihn erkoren, flach gelegt zu werden! Miss Snydder schrie auf und ließ sich zu ihm nieder. Das so heiß ersehnte Dekolleté war nun zum Greifen nah, doch der Kuss, den Herr Mohrenreiter erhielt, war von ganz anderer Sorte als erwartet!

Kloppi Klaus rannte atemlos durch den Wald, so dass Mrs. Klappauf in ihren Pumps, aller Bequemlichkeit zum Trotz, nicht so schnell nachkam. Leise fluchend nahm sie die Pumps, einen nach dem anderen von ihren Füßen und brach die Absätze ab. Was solls! Später, so schwor sie sich, würde sie Rache an ihm nehmen für diese missliche Lage, in die er sie brachte! Sie holte auf. Das Anwesen von Kloppi Klaus war schon zu sehen, da kam es, wie es kommen musste. Der Förster hatte schon lange dem Unwesen der Wilddieberei in den Wäldern von Staple Store ein Ende bereiten wollen. Kloppi Klaus immer im Fokus, den Kapotthut aus der Garage zu holen und sich dann eiligst nach dem seltenen Moosgewächs auf die Suche zu machen, übersah, was jeder andere auch übersehen hätte, etwas, was Jemand mit Absicht gut versteckt hatte. „Aaaaaaaaaaaaaautsch! Grmmmooooooooouawuaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaauuuuuuuuuuuuuuuuuuuu!“ hallte es furchteinflößend durch den Wald. Zwischen den Zähnen und unter Schmerzen entrang er ein: „Gttvrflchtnml!“ – Dann schrie er wieder wie am Spieß, dass es das Blut in Mrs. Klappaufs Adern gefrieren ließ. Zur gleichen Zeit als es in Leander Overfalls Haus Herrn Mohrenreiter erwischte, röchelte und fiel Kloppi Klaus ebenfalls in eine gnadenvolle, wenngleich auch völlig unparadoxe Ohnmacht. Einen kurzen Moment später, vielleicht sogar zeitgleich mit Miss Snydder, besann sich auch Mrs. Klappauf und wurde ihrer Glieder wieder habhaft. Schnell eilte sie zu dem Verletzten und fühlte seinen Puls. Ganz leicht war er zu spüren. Dann schaute sie nach der Ursache des Schmerzes und fand seinen Fuß in einer rabiaten Falle gefangen.

STICH-Wörter:

  • Lutenent Grimm
  • Nähkästchen
  • Jackpott

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